Auch das Stillen muss erst erlernt werden. Hebamme Nicola Herrmann verrät euch ihre besten 5 Hebammentipps für einen guten Start in die Stillzeit: vergangenen Montag gab es dazu einen Facebook Live Chat und heute bekommt ihr die Zusammenfassung zum nachlesen.

Das Stillen | Zwischen Glücksgefühl und Frustration

Einfach Stillen 5 Hebammentipps für die Stillzeit„Es gibt nichts Schöneres als Stillen.“ Überzeugte Stillmamas erzählen meist mit ein wenig Stolz von der wunderbaren Erfahrung ihr eigenes Baby stillen zu können. Sie berichten von einer unbeschreiblichen Nähe zum Baby, die sie am liebsten nie mehr missen möchten. Also stillen sie 1 Jahr, 2 Jahre und in Ausnahmefällen sogar länger.

Andere Mütter hingegen stillen, weil sie eben gehört haben, dass Muttermilch als das Beste fürs Baby angepriesen wird. Und doch sind sie froh, ihren Körper nach 3-4 Monaten wieder für sich zu haben.

„Ich hätte so gerne gestillt, aber es ging einfach nicht.“ Und dann gibt es frisch gebackene Mamas, die gerne stillen würden, es jedoch aus unerfindlichen Gründen einfach nicht klappen will. Brustentzündungen, wunde, blutende Brustwarzen, schlaflose und schmerzhafte Nächte … das erhoffte Stillen wird zum Albtraum und man ist dankbar dafür, dass es das Fläschchen als Alternativlösung gibt.

Nicolas beste Hebammentipps für eine beschwerdefreie Stillzeit

Unsere liebe Hebamme Nicola hat sich vergangenen Monat Zeit für eure Fragen zum Thema Stillen genommen und euch Tipps für eine unbeschwerte Stillzeit gegeben.

Stillen muss gelernt sein, erfordert viel Ruhe und Geduld. Fünf Hebammentipps aus ihrer über 20-jährigen Berufserfahrung möchte euch Nicola mit auf den Weg geben.

Hebammentipp 1: Bereite dich gut vor!

Eine gute Vorbereitung hilft die eine oder andere Anfangsschwierigkeit zu vermeiden. Wie ihr euch vorbereiten kennt und wer euch dabei hilft, erfahrt ihr im Folgenden.

Geburtsvorbereitungskurse

Ihr könnt euch auf verschiedenste Weise auf die bevorstehende Stillzeit vorbereiten. Geburtsvorbereitungskurse eignen sich beispielsweise sehr gut dafür. Solltet ihr die Unterstützung eurer Hebamme kurz vor der Geburt oder auch erst mit Beginn des Wochenbetts in Anspruch nehmen, so habt ihr über einen Geburtsvorbereitungskurs bereits vorab die Möglichkeit des Austausches mit einer Hebamme und/oder mit anderen Müttern.

Geburtsvorbereitungskurse gibt es verschiedene. Der klassische Kurs ist in erster Linie für die werdende Mama gedacht, wobei meist ein oder zwei Paarabende oder Paarsamstage Teil davon sind. Dann gibt es aber auch spezielle Paarseminare, bei denen ihr von Anfang an mit eurem Partner auf die bevorstehende Entbindung und Babyzeit vorbereitet werdet. Und nicht zuletzt bieten einige Geburtshäuser oder Hebammenpraxen Mehrgebärendenkurse, die sich an Mütter richten, die bereits ein oder mehrere Kinder haben. Auch der Besuch eines solchen Kurses macht Sinn, denn die Geburt von Geschwisterkindern bringt ganz neue Herausforderungen mit sich und oftmals möchte man beim zweiten oder auch dritten Baby so manches anders machen. Wenn es beispielsweise mit dem Stillen beim letzten Mal nicht geklappt hat, so heißt dies noch lange nicht, dass sich das beim zweiten Baby nicht ändern ließe.

Stillkurse

„Stillen ist nichts Intuitives, das Kind agiert intuitiv [für die Mutter ist es ein erlerntes Verhalten].“ In vielen Fällen sucht das Neugeborene instinktiv Mamas Brust. Es genügt hier meist, das Baby richtig zu positionieren und es beginnt sich selbst „anzulegen“.

Nicola weiß, dass das Stillen traditionell durch Frauen, die in unserem Umfeld stillen, weitergegeben wird.

Allerdings ist es in unseren Breitengraden schon lange keine Selbstverständlichkeit mehr, dass wir Frauen in unserem unmittelbaren Umfeld beim Stillen sehen und von ihnen lernen könnten. In großen Familienverbänden und in vielen Völkern auf dieser Welt ist dies nach wie vor der Fall, aber uns fehlen hier häufig einfach die Vorbilder.

Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, sich neben der Geburt auch auf die Stillzeit vorzubereiten. Übrigens gibt es neben Hebammen auch extra ausgebildete Stillberaterinnen, die insbesondere dann wichtig sind, wenn ihr keinen Zugang zu einer Nachsorge-Hebamme habt und/oder euch eine noch intensivere Still-Betreuung wünscht.

Nicolas erster Hebammentipp ist also, euch gut vorzubereiten. Überlasst das Stillen nicht dem Zufall und lasst euch in der ersten Phase von einer erfahrenen Frau begleiten. Dann wird das Stillen in den meisten Fällen auch klappen!

Hebammentipp 2: Gönn dir und deinem Baby Ruhe!

„Sechs Wochen Wochenbett, nicht Wochenlauf.“ Spätestens mit dem ersten Besuch eurer Hebamme wird der Begriff Wochenbett fallen. Was heißt das? Wochenbett meint schlichtweg die ersten Wochen nach der Entbindung, in denen man sich und dem Neugeborenen möglichst viel Ruhe, im besten Fall Bettruhe, gönnen sollte. Es ist die Zeit des Beschnupperns, des Kennenlernens und der Erholung von den Anstrengungen der Geburt. Die Ruhe im Wochenbett ist sehr wertvoll für den Körper aber auch für die Seele.

In den ersten sechs Wochen ist es daher nicht sinnvoll, einen Besuch nach dem anderen zu empfangen. Auch sollte man einmal ganz bewusst die Augen vor Unordnung in den eigenen vier Wänden verschließen. Was zählt ist einzig und allein das Wohl von Mama und Baby und die damit verbundene Ruhe, die die Grundlage für einen harmonischen Start in eine neue Lebensphase und auch in eine entspannte Stillzeit legt.

Stillen ist etwas sehr Intimes, eine sehr innige Erfahrung, die viel Ruhe und Geduld erfordert. Gerade die ersten Tage wird es oft noch nicht so gut klappen mit dem Stillen, denn die Milch muss erst einschießen und Mama und Baby müssen zueinanderfinden. Das ist nicht schlimm, denn das Baby kommt mit ausreichend Fettreserven zur Welt und eine anfängliche Gewichtsabnahme ist ganz normal. Doch gerade hier werden junge Mütter häufig ungeduldig, machen sich Sorgen, versuchen das Baby unter Stress anzulegen. Daher ist es hier besonders wichtig, dass man sich vorbereitet hat bzw. eine Wochenbett-Hebamme einmal täglich zu Besuch kommt.

Das Vertrauen in das erworbene Wissen und die Ratschläge der Hebamme sorgen für die notwendige Ruhe und Geduld und allein dadurch kann häufig bereits der erste schmerzhafte Milchstau vermieden werden.

Als zweiten Hebammentipp möchte Nicola euch mitgeben, dass ihr euch die notwendige Ruhe im Wochenbett nehmt. Schiebt den großen Besucheransturm auf einen späteren Zeitpunkt und nehmt euch die Zeit, die ihr braucht, um euch an die neuen Herausforderungen zu gewöhnen; und dazu zählt mitunter das Stillen.

Hebammentipp 3: Hol nicht zu viele verschiedene Meinungen ein!

Sucht euch gerade in der Anfangszeit im besten Fall eine Bezugsperson, der ihr vertraut und die Erfahrung mit dem Stillen aufweist. Häufig sind es zu viele Stimmen, die uns als unerfahrene Mütter irritieren und uns direkt in eine Sackgasse führen.

Gerade in der Geburtsklinik ist es häufig so, dass es mehr als einen Ansprechpartner auf der Säuglingsstation gibt und jeder etwas anderes empfiehlt. Wenn dem so ist, ist es oft schlichtweg das Beste, dem Klinikum frühzeitig den Rücken zu kehren, um sich in den eigenen vier Wänden ganz langsam und entspannt dem Thema Stillen anzunähern, vorausgesetzt natürlich euch steht eine Wochenbetthebamme oder erfahrene Frau eures Vertrauens zur Seite.

Eure Hebamme wird ganz auf eure Bedürfnisse abgestimmt einen Fahrplan mit euch erstellen und euch einen klaren Weg zur Annäherung an die Stillzeit aufzeigen. Hört in dieser Zeit am besten nicht auf weitere Meinungen, seien es auch die gut gemeinten Ratschläge der Mutter, Schwiegermutter oder Oma. Denn jeder wird etwas anderes sagen und die Gefahr ist groß, dass ihr euch in diesem Labyrinth aus Meinungen verlauft.

Neben einer guten Vorbereitung und der notwendigen Ruhe rät Nicola dazu, sich eine vertrauenswürdige, erfahrene Bezugsperson zu suchen, deren Ratschläge für die Stillzeit ihr mit gutem Gefühl annehmen könnt. Zu viele Stimme führen in eine Sackgasse, also auch hier zählt: weniger ist manchmal mehr.

Hebammentipp 4: Lass dir helfen!

Auch eine stillende Mama darf sich Auszeiten gönnen und um Hilfe bitten. Stolze Großeltern, Tanten und gute Freunde freuen sich, wenn ihnen die Gelegenheit geboten wird, den Neuankömmling bei einem ausgiebigen Spaziergang zu beschnuppern und zu bestaunen. Schenkt ihnen diese Zeit, indem ihr sie darum bittet, einen kleinen Ausflug im Kinderwagen zu machen und genießt ihr ein paar ruhige Minuten für euch.

Besonders wichtig in der Stillzeit ist aber auch eure eigene Ernährung, denn Stillen kostet viel Kraft und Energie. Warum lasst ihr euch nicht von euren Lieben ab und an mit einem guten Essen verwöhnen? Als überzeugte Einzelkämpfer trauen wir uns manchmal einfach nicht, um Hilfe zu fragen, und doch würde man euch so gerne Arbeit abnehmen.

Und bevor ihr euch vom Wochenbett aus über die Wollmäuse in der Zimmerecke aufregt und dadurch Stresshormone freisetzt, die weder euch noch eurem Stillbaby gut tun, bittet eure Eltern oder Schwiegereltern doch einfach darum, eine Runde mit dem Staubsauger zu drehen. Ich bin sicher, man wird euch diesen kleinen Gefallen sehr gerne tun.

Keine Eltern/Großeltern in Reichweite? Dann fragt doch bei der gemeinnützigen Organisation Welcome an. Hierüber könnt ihr die Hilfe von Frauen in Anspruch nehmen, die sehr gerne zu euch nachhause kommen, um sich für eine Weile um euer Baby zu kümmern.

Wichtig ist also auch, dass ihr euch gerade zu Beginn dieser neuen Lebensphase helfen lasst. Denn umso entspannter ihr seid, desto einfacher wird auch das Stillen werden.

Hebammentipp 5: Setze Prioritäten!

Haushalt, Essen, Besuch um 15 Uhr … selbst nach einer anstrengenden Geburt können wir unseren Tatendrang oftmals nur schwer zügeln. Wir wollen, müssen, sollten etwas tun. Nur was hat Priorität, was kann warten?

Die Antwort ist hier doch ganz einfach: das Wohlbefinden von Mama und Baby, von Papa und Geschwisterkindern hat Priorität, nichts sonst. Für vieles kann man sich, wie oben erwähnt, Hilfe suchen und ist die Wohnung mal eine Zeit lang nicht blitzeblank, bewahrt einfach die Ruhe. Das wird schon wieder anders. Geputzt ist schnell einmal, aber die Wochenbettzeit, in der wir uns kennenlernen und vieles, wie eben das Stillen, erlernen, ist unwiederbringlich und daher besonders kostbar.

Last but not least gilt es also Prioritäten zu setzen. Ihr müsst nicht funktionieren, wie ihr das gewöhnt seid. Ihr habt euch eine Auszeit verdient, also seid nicht so streng mit euch und verzichtet bewusst auf lange To Do Listen.

Damit wünschen Nicola und ich euch ein unvergessliches, entspanntes Wochenbett und einen beschwerdefreien Start in die Stillzeit.

Facebook Live Chat: Montag, 03. April 2017

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Quelle: sämtliche fachliche Informationen dieses Beitrags habe ich sowohl unserem Facebook Live Chat als auch dem daran anschließenden Webinar zu selbigem Thema entnommen.

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