So klein, so süß und so unwissend (?). Ist das so? Gelangt Baby erst über Lautmalereien wie Wau-wau und Quak-quak zu einem korrekten Sprachgebrauch?

Wir-Form: eine Form der Babysprache, die sich auch unter Erwachsenen durchgesetzt hat

Kennt ihr das, wenn ihr im Café nach der Rechnung verlangt und dann von der Bedienung gefragt werdet: „Wollen wir zahlen?“ Wer WIR, schießt mir da augenblicklich durch den Kopf. Ist um mich herum etwa noch ein Zahlungswilliger, der meinen Cappuccino übernehmen möchte?

Oder aber du gehst mit deinem Kind spazieren, es fängt an zu weinen und die alte Dame, die dir soeben entgegenkommt, fragt: „Ja was tut uns denn weh?“

Ehrlich gesagt stellt es mir in so einem Moment regelrecht die Haare zu Berge. Mag sein, dass ich hier hoffnungslos übertreibe und/oder die Literaturwissenschaftlerin in mir Alarm schlägt. Wie auch immer, ich bin schlichtweg der Meinung, dass wir über einen sehr reichhaltigen Wortschatz verfügen, der es nicht notwendig macht, mehrere Personen unter ein Pronomen zusammenzufassen.

Zumal einem auf diese Weise das unangenehme Gefühl vermittelt wird, nicht eigenständig Entscheidungen treffen zu bzw. auf Fragen reagieren zu können. Das weinende Baby im Kinderwagen kann womöglich noch nicht antworten, was aber nicht bedeutet, dass man es nicht mit Du ansprechen dürfte.

Mampf-mampf, Winke-Winke, Wau-Wau … Mama und Papa

Silbenverdoppelungen sind zumeist die ersten Worte, die Babys erlernen. Und aus eigener Erfahrung kann ich euch sagen, dass man als Mama beinahe dahinschmilzt, wenn Baby zum ersten Mal Mama sagt. Doch nicht nur das, schon bald bereitet es uns Freude, mit unseren Babys ähnliche Wörter zu üben. Auf Mama folgt Papa, dann Wau-wau und Mäh-mäh. Und ehe man sich versieht, hat man sein eigenes Sammelsurium an Wörtern entwickelt, das man allgemeinhin als Babysprache kennt.

Baby baut also mit Mama´s und Papa´s Hilfe seinen ersten Wortschatz auf. Hinzu kommen dann in den meisten Fällen noch die Großeltern, Tanten und Onkeln, die sich an lautmalerische Wörter aus ihrer Kindheit oder der Erziehung ihrer eigenen Kinder erinnern.

Baby wird auf diese Weise lernen, sich verständlich machen zu können. Das steht wohl außer Frage. Doch wird hier häufig der richtige Zeitpunkt übersehen, um Baby bzw. Kleinkind frühzeitig zu erklären, dass Wau-wau zwar mit diesem lustigen vierbeinigen Wesen in enger Verbindung steht, dieses Wesen aber eigentlich Hund heißt.

Und wenn dies passiert, dann findet man in Foren verzweifelte Mütter und Väter, die besorgt nach Wegen suchen, um ihren Kleinen im Kindergartenalter die Babysprache abzugewöhnen.

Niemand ist so sprachbegabt wie ein Baby

An anderer Stelle hatte ich bereits über Babys geschrieben, die zweisprachig aufwachsen (zum Artikel). Babys, die Mama und Papa in einer jeweils anderen Sprache sprechen hören, lernen parallel nicht nur die Bedeutung von Wörtern sondern auch die entsprechende Mimik und Gestik kennen, die sich je nach Kulturkreis mal mehr, mal weniger unterscheidet. Sie beobachten, hören, sehen und erspüren den jeweiligen Sprachgebrauch und dessen Bedeutung.

Und dabei ist es nicht notwendig, die deutsche Lautmalerei Piep-piep in das spanische Pendant Pio-pio zu übersetzen, um verstanden zu werden. Mit Babys darf man also ruhig ganz normal sprechen, es wird sogar häufig empfohlen, da auf diese Weise die Sprachentwicklung von Anfang an bestmöglich gefördert wird.

Teletubbies: Babysprache nett verpackt

Also kein Wau-wau mehr und auch keine Teletubbies? Tinki-Winky, Dipsy, Laa-Laa und Po, bekannt als die Teletubbies, gibt es nun seit einigen Jahren nicht mehr. Kennen dürften sie dennoch die meisten unter euch. Manche vermuten, dass das offizielle Verschwinden der Teletubbies – auf Youtube findet man sie natürlich noch – mit der Babysprache zu haben könnte, die Tinky-Winky und Laa-Laa eben zu Teletubbies werden ließ.

Wie dem auch sei, eines steht fest, Tinki-Winky und sein roter Spielgefährte Po sprechen eine ganz einfache Babysprache, die Babys durchaus gefällt und unterhält. Allerdings wird hier, meines Erachtens, der Spracherwerb nicht unbedingt gefördert. Teletubbies also je nach Gusto und wenn möglich auf das Fernsehen beschränkt. Denn wenn Mama und Papa sich auch bei ausgeschaltenem Fernseher in knuffige Teletubbies verwandeln, dann besteht womöglich doch die Gefahr, dass Baby es irgendwann schwer hat, zwischen Babysprache und unserer Vorstellung einer korrekten Sprache zu unterscheiden.

Babysprache im Familienalltag

Was die Babysprache im Familienalltag angeht, bin ich mir fast sicher, dass in den wenigsten Familien komplett auf Wau-wau und Co. verzichtet wird. Heute Morgen erst reichte mir Miguelito eines seiner Schmusekissen und stellte mir das Mäh-mäh vor, das er darauf entdeckt hatte. Und seien wir mal ehrlich, es ist doch einfach zu süß, wenn man spazieren geht und man aus dem Kinderwagen plötzlich ein Mäh-mäh hört, das einen auf die Schafherde, die man gerade passiert, aufmerksam macht.

Sinnvoll finde ich es persönlich dennoch, wenn man gleichzeitig immer auch von dem Schaf spricht, das Mäh-mäh macht. Stellt man das Mäh-mäh nämlich in einen größeren Zusammenhang, dann lernt Baby auch, dass Mäh-mäh lediglich mit dem Schaf zu tun hat, die korrekte Bezeichnung jedoch Schaf ist.

Vertrauen in Baby´s Fähigkeiten

Noch spricht Miguel nicht viel. Neben Mama, Papa, Na & No (Nein), Hola (Hallo) und Mäh für Schaf können wir bisher nur erahnen, wie weit Miguelito´s Sprachentwicklung fortgeschritten ist. Er versteht sehr viel, sowohl auf Deutsch als auch auf Spanisch, das können wir beobachten.

Wir bemühen uns, weitestgehend auf Babysprache zu verzichten. Es lässt sich nicht immer vermeiden und das wollen wir auch nicht. Aber grundsätzlich sprechen wir mit Miguel wie mit einem Erwachsenen. Wenn er etwas nicht darf, erklären wir ihm ganz einfach warum nicht, wenn ich mit ihm spazieren gehe, erzähle ich ihm, was mir gerade durch den Kopf geht. Kurzum, wir trauen ihm zu, dass er uns versteht, auch wenn er sich dessen selbst noch nicht bewusst ist. So glauben wir, ihn bei der Entwicklung seiner Sprache/n auf bestmögliche Weise behilflich sein zu können.

Zu einem späteren Zeitpunkt werde ich dann sicherlich einmal berichten, ob unsere Theorie aufgegangen ist. Doch bis es soweit ist, freue ich mich über eure eigenen Erfahrungen mit dem Thema Babysprache.

2 Kommentare

  • Marlene sagt:

    Hallo Zusammen,
    unser Sohn Armin wird ebenfalls bilingual erzogen -Bosnisch und Deutsch und auch wir haben kaum „Babywörter“ benutzt. Wenn Armin ruft: Schau, ein Wauwau, dann sage ich: Ja richtig, das ist ein Hund. Mit dem Schaf war es das gleiche ? Zuerst: Was ist das? Määäääh. Ja genau, ein Schaf und mittlerweile nennt er es beim Namen. Das Kind kann eben die Wörter noch nicht aussprechen, daher mache ich es an seiner Stelle.
    Ich verstehe Leute wirklich nicht, die sich jedes Wort des Kind aneignen und die Dinge dann auch so benennen und nicht so, wie es sich gehört. Ein Kind versteht anfangs sowieso nichts – da kann ich ihm doch gleich in normaler Sprache erzählen, was heute so gelaufen ist – davon profitieren die Zwerge bestimmt mehr, als von wuziduzimuzi ?
    Und nun ist Armin 2 Jahre alt und spricht auch für fremde Menschen verständlich und normal

  • Martina sagt:

    Liebe Marlene, ich danke dir ganz herzlich für deine Meinung zum Thema Babysprache. Bosnisch und Deutsch ist sicherlich auch eine Herausforderung! Ich finde es klasse, wie ihr das mit den „Babywörtern“ geregelt habt. Das Imitieren von Tiergeräuschen ist sicherlich ein wichtiger Entwicklungsschritt. Daher sollten wir diese Form der Babysprache auch ernstnehmen. Wenn man allerdings gleich die richtigen Bezeichnungen für das zugehörige Tier mitliefert, dann lernt das Kind doppelt. Es erfährt, wie das Tier heißt und wie es kommuniziert. Die Zweisprachigkeit an sich ist dann nochmal ein ganz anderes Thema. Auch hier kommt es ganz stark darauf an, wie und mit welcher Konsequenz die Eltern zwei oder auch mehr Sprachen vermitteln. Wenn Armin mit 2 Jahren schon gut verständlich spricht, dann habt ihr ja alles richtig gemacht ?

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